Zwischen Tribüne und Trainerbank
04/23/2019Jede TrainerIn fährt nicht nur mit den Spielerinnen zum Spiel sondern hat auch gleich ein Dutzend Co-TrainerInnen dabei. Gemeint sind damit die Eltern. Das richtige Miteinander von allen Seiten stärkt die Spielerinnen. Wir geben Tipps, worauf TrainerInnen und die Eltern-Tribüne achten sollten.
Fußball ist in Deutschland ein Volkssport, bei dem nicht nur die TrainerInnen sondern auch die Eltern manches Mal lautstark das Spiel ihrer Kinder kommentieren. Im Alltag von Fußballteams kann dies auch durchaus vorkommen. Eltern geben ihren Kindern Anweisungen, TrainerInnen würden gerne auf die Zwischenrufe von Mutter oder Vater verzichten. Das wirkt dann häufig so, dass die TrainerIn und die Tribüne im steten Streit miteinander liegen. Dabei gibt es eine sehr wichtige Gemeinsamkeit, auf der beide Seiten zusammen aufbauen können.
Gemeinsames Interesse am Wohlergehen der Spielerinnen
Sowohl die TrainerInnen als auch die Eltern sind am Wohlergehen der Spielerinnen interessiert. Das eint beide Seiten und erkennbar ist das gemeinsame Ziel daran, dass TrainerInnen und Eltern gemeinsam auf dem Platz stehen. Der Weg zum Ziel des Wohlergehens der Spielerinnen ist dabei nicht immer ganz so harmonisch. Ein Beispiel hierfür ist die Einsatzzeit beim Spiel. Eltern wollen natürlich ihre Tochter spielen sehen, sie möchten erleben, wie ihre Tochter sich entwickelt und vielleicht sogar Tore schießt. Kurzum: Eltern wollen glückliche Kinder.
TrainerInnen wollen auch jeder Spielerin Einsatzzeiten ermöglichen. Übrigens allein schon deshalb, weil TrainerInnen den Fortschritt ihrer Spielerinnen erleben wollen. Gleichzeitig kann aber auch manchmal weniger Einsatzzeit besser für das Wohlergehen einer Spielerin sein. Etwa denn, wenn sie noch unsicher ist und sich erst langsam an das Spiel herantasten muss. Keine Spielerin geht gerne mit dem Gefühl vom Platz, alles falsch gemacht zu haben und deshalb von keiner Mitspielerin gemocht zu werden. Umsichtige TrainerInnen dosieren also gerade bei Neueinsteigerinnen die Spielzeit und steigern hierdurch Erfolgserlebnisse.
Fußball als Lernzeit
Aber auch bei erfahrenen Nachwuchsspielerinnen wird die Zeit am Spielfeldrand zum wichtigen Lernort. Das Spiel von außen betrachten gehört als Ausbildungszweck ebenso dazu wie die Fähigkeit, den Teamgedanken zu entwickeln und den eigenen Ehrgeiz zähmen zu lernen. Gerade bei jungen Spielerinnen sind Geduld und Umsicht Kompetenzen, die die Trainerin bei ihren Schützlingen entwickeln muss. Eine gute Trainerin hat also auch bei den Spielerinnen auf der Bank stets deren Wohlergehen im Blick.
Zuweilen sind übrigens TrainerInnen sehr viel stärker am Wohlergehen der Spielerinnen interessiert, wenn sie diese nicht einmal für ein Spiel nominieren. Nicht immer haben Eltern einen unvoreingenommenen Blick auf Verletzungen ihrer Töchter. Sie wollen die sportliche Entwicklung, etwa in Regionalauswahlen, unterstützen und fördern. TrainerInnen können Eltern dabei helfen, die sportliche Belastung bei Verletzungen und Schmerzen zu regulieren. Es geht schließlich um das Wohlergehen jeder Spielerin.
Wenn TrainerInnen und Eltern gegenseitig das grundsätzliche Wohlwollen gegenüber jeder Spielerin anerkennen, dann können sie auch den Weg zu diesem Ziel gemeinsam gestalten. Einige wichtige Aspekte helfen, den Weg gemeinsam zu gestalten.
Worauf müssen TrainerInnen achten?
Persönliche Begrüßung. TrainerInnen sollen vor und nach dem Spiel die Eltern kurz persönlich begrüßen bzw. verabschieden. Das schafft Vertrauen und signalisiert Respekt vor der Mitwirkung der Eltern. Das erleichtert es übrigens auch, Eltern während des Spiels freundlich aber bestimmt zu bitten, die Spielerinnen anzufeuern ohne ihnen Kommandos zu geben, was zu tun sei.
Klare Regelung formulieren. TrainerInnen sollen den Eltern zu Beginn der Saison die Regeln mitteilen, die ihnen persönlich wichtig sind und Eltern die Möglichkeit geben, ihre Wünsche zu äußern. Dabei sollen TrainerInnen deutlich machen, dass nicht alle Wünsche umsetzbar sind, aber das ihnen die Perspektive der Eltern wichtig ist. Das schafft Wertschätzung und gegenseitiges Vertrauen.
Von Kabine zu Kabine. Eine der zentralen Regeln lautet und soll von TrainerInnen offen ausgesprochen werden: Ab dem Betreten der Kabine bis zum Umziehen und dem Verlassen der Kabine nach dem Spiel „gehören“ die Spielerinnen der TrainerIn. Es gibt in dieser Zeit keinen Kontakt der Eltern mit ihren Töchtern, Anweisungen und die Betreuung kommt allein vom TrainerInnen-Team. Übrigens ist die Zeit des Umziehens nach dem Spiel ein schöner Moment, in dem sich TrainerInnen und Eltern draußen vor der Kabine über das Spiel austauschen können.
Viel Kommunikation. Erklären Sie den Eltern regelmäßig ihre Ausbildungsidee und erläutern sie besonders markante Entscheidungen. Kein Elternteil erwartet Perfektion von einer TrainerIn, Fehler einzuräumen stärkt die Bindung zwischen Eltern und TrainerInnen. Im Gegenzug sollen TrainerInnen auch richtige Entscheidungen gegenüber Eltern hervorheben.
Was sollen Eltern beitragen?
Vertrauen zeigen. Eltern sollen den TrainerInnen ihrer Töchter Vertrauen schenken. Eltern sollen TrainerInnen gleichzeitig nach den Gründen für Entscheidungen fragen, um diese besser zu verstehen. Das gilt gerade auch bei Verletzungen. Erfahrene TrainerInnen lassen heranwachsende Spielerinnen niemals mit Schmerz oder mit nicht auskurierten Verletzungen spielen. Eltern sollen den TrainerInnen in diesen Entscheidungen vertrauen.
Aktiv Unterstützung anbieten. Eltern sollen TrainerInnen von sich aus ihre Unterstützung anbieten. Nicht immer muss sie gleich angenommen werden, aber das Signal der Eltern hilft den TrainerInnen. Denn Eltern sollen verstehen, dass TrainerInnen pro Woche mindestens zehn Stunden mit der Betreuung der Spielerinnen und des Teams verbringen, meistens un- oder geringfügig bezahlt. Da müssen Eltern helfen, damit es den Spielerinnen gutgeht.
Rechtzeitig informieren. Eltern sollen TrainerInnen über Fehlzeiten ihrer Töchter rechtzeitig informieren. Das bedeutet, nicht erst mitteilen, wenn ein Termin feststeht. Sobald Eltern um die Möglichkeit wissen, dass ihre Tochter bei einem Spiel oder Training nicht anwesend sein könnte, sollen sie dies den TrainerInnen bereits mitteilen. Planbarkeit ist im (Leistungs-) Sport unabdingbar.
Motivieren statt korrigieren. Eltern sollen verstehen, dass sich die Trainingsmethoden seit ihrer eigenen Jugend gründlich gewandelt haben. Eltern sollen also begreifen, dass sie nicht in das Trainings- und Spielkonzept der TrainerInnen eingreifen dürfen. Kommandos beim Spiel geben nur die TrainerInnen, Eltern sollen durch positive Zurufe ihre Spielerinnen motivieren.
Ehrenamt von der Tribüne bis zur Trainerbank
Gerade in ehrenamtlich geführten Vereinen – und das sind selbst im weiblichen Leistungsfußball die meisten Clubs – ist ein gutes Miteinander von TrainerInnen und Eltern eine besondere Stärke. Sie kommt den Spielerinnen zugute. Und ein gutes Miteinander fängt bei der Erkenntnis an, dass beide ihre Zeit auf dem Platz verbringen, damit es den Spielerinnen gut geht.