Intern
Nachwuchsförderzentrum für Juniorinnen

Main-Echo berichtet über das NFZ Juniorinnen

23.07.2014

Nachwuchsförderzentrum Unterfranken trainiert besonders begabte Mädchen im Spiel um das runde Leder – Kooperation zwischen Universität und Sportvereinen wird wissenschaftlich begleitet.

Maria hatte den Jungs vom SC Heuchelhof oft beim Fußballspielen zugeschaut. Ob sie selbst mitmachen wollte – darüber habe sie sich damals gar keine Gedanken gemacht, erinnert sich die inzwischen Zwölfjährige. Bis der Sportverein eines Tages eine Mädchenmannschaft ins Leben rief. Schnell war Maria auch in der Praxis Feuer und Flamme für den Ballsport. Und seit diesem Frühjahr spielt die Würzburgerin nicht nur in der Mädchenmannschaft des Sportclubs Würzburg-Heuchelhof, sondern trainiert auch einmal pro Woche im neu gegründeten Nachwuchsförderzentrum (NFZ) Unterfranken.

Das Konzept des NFZ: Universität und unterfränkische Vereine kooperieren, um besonders talentierte Nachwuchsfußballerinnen ab einem Altern von zehn Jahren leistungsorientiert zu fördern. Das Projekt wird wissenschaftlich untersucht und begleitet. Das Training übernehmen Bundesliga-Spielerinnen und Hochleistungssportlerinnen anderer Disziplinen. Eine echte Innovation in Bayern.

Denn tatsächlich lautet die offizielle Richtlinie des Deutschen Fußballbundes bis dato: Leistungsspielerinnen trainieren und spielen bei den Jungs und werden an Stützpunkten zusammen mit selbigen gefördert. Einige Landesverbände gehen inzwischen dennoch eigene Wege, so gibt es mittlerweile Nachwuchsleistungszentren für Mädchen in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Bayernweit ist das NFZ Unterfranken allerdings bisher einmalig. 

„Wir haben die Erfahrung gemacht, dass weniger Mädchen in der Förderung drin sind als wir weibliche Talente hätten. Und: Sobald im Fußball spezielle Angebote für Mädchen geschnürt werden, rennen sie den Vereinen die Bude ein“, begründet Heinz Reinders, kooperativer Leiter und einer der geistigen Väter des NFZ, weshalb man andere Wege als der DFB gehen will. Auf der einen Seite setzt sich der 41-Jährige als Bildungsforscher generell für Förderprojekte für Kinder und Jugendliche ein, auf der anderen Seite ist er selbst passionierter Fußballfan und trainiert seit zwei Jahren Mädchenmannschaften am Heuchelhof. „Fußball ist ein Sport wie jeder andere auch. Fast überall werden Mädchen und Jungs getrennt trainiert. Warum also nicht auch im Fußball?“, umreißt Reinders die Philosophie aus der heraus das Nachwuchsförderzentrum Unterfranken entstand.

Der sportwissenschaftliche Ansatz dahinter: Mädchen verfügen über andere körperliche, motorische, soziale und psychologische Voraussetzungen als Jungs und brauchen deshalb auch ein anderes Training. Zwei Beispiele aus Reindls praktischer Erfahrung: Während Jungs mehr Blickkontakt zum Trainer suchten und auf Anweisungen warteten, agierten Mädchen stärker im Spielfluss und suchten selbst nach Lösungen für Spielsituationen. „Man kann bei einer anderen Spielintelligenz ansetzen“, so der 41-Jährige. Ferner verfügten Fußballerinnen zwar über weniger Muskulatur, seien häufig jedoch in der Koordination weiter als Jungs. 

Beobachtungen, die im Frühjahr dieses Jahres zur Gründung des NFZ führten. Daran bis dato beteiligt: die Universität Würzburg in Kooperation mit einer Hand voll regionaler Vereine. Dieser Kreis soll auf ganz Unterfranken ausgeweitet werden. Die Vereine empfehlen talentierte Spielerinnen ans NFZ weiter, die Mädchen trainieren weiterhin in ihrem Heimatverein und einmal pro Woche zudem beim Nachwuchsförderzentrum auf dem Sportgelände der Würzburger Universität am Hubland. 

Hier steht dann – neben dem eigentlichen Fußballspiel – vor allem auch die sportartübergreifende und koordinative Förderung im Mittelpunkt, erläutert der sportliche Leiter Gernot Haubenthal. Als Trainerinnen fungierten deshalb nicht nur Bundesliga-Spielerinnen, sondern auch Hochleistungssportlerinnen aus anderen Disziplinen, die allesamt an der Würzburger Universität studieren und die Arbeit des NFZ in Zulassungsarbeiten mitbegleiten. Regelmäßig werden die Fortschritte der Nachwuchsfußballerinnen getestet. Für Aspekte wir Koordination, Schnelligkeit oder Timing gibt es entsprechende normierte Tests, derzeit erarbeiten Würzburger Sportwissenschaftler zusätzlich ein Verfahren, um Fortschritte in realen Spielsituationen zu untersuchen.

Das Nachwuchsförderzentrum Unterfranken bietet für talentierte Nachwuchsfußballerinnen neue Chancen, auch wenn sich die praktische Arbeit mit den Mädchen in mancher Hinsicht nach wie vor komplizierter gestaltet als mit Jungenmannschaften. „Das Hauptproblem bei uns ist immer noch: Es gibt für die U11-Mädchen schlichtweg keine Spielrunden wie für Jungs“, sagt Burkard Hemmerich, Trainer der U11-Mädchen beim TSV Gerbrunn im Landkreis Würzburg. „Selbst in der niedrigsten Klasse muss man, um ein Turnier zu spielen, quer durch Unterfranken fahren. Das kann man eigentlich weder den Mädchen noch den Eltern zumuten. Aber die Fußballerinnen müssen die Chance bekommen, sich zu messen“, so Hemmerich.

Zurück auf den Fußballplatz: Hier trainiert auch Johanna vom Sportclub Würzburg-Heuchelhof. „Ich habe schon mit meinem Papa auf der Straße Fußball gespielt“, erzählt die Elfjährige. Dass sie jetzt nicht nur in der Mädchenmannschaft am Heuchelhof, sondern auch am Nachwuchsförderzentrum trainieren darf, sieht sie als Kompliment und, ganz sportlich, als echte Herausforderung. Eine Karriere als Profi-Fußballerin, klar wäre die ein großer Traum, sagt die Schülerin, hat aber zunächst einmal einen ganz anderen Wunsch: „Ich fände es toll, wenn nicht immer so ein großer Unterschied zwischen Frauen- und Männerfußball gemacht würde. Die Weltmeisterschaft der Männer ist überall präsent. Und über die Erfolge der Frauen reden nur wenige.“ (Text & Bild: Michaela Schneider)