Die pädagogische Zielperspektive ist maßgeblich
04.12.2018Wie sollte eine lernförderliche Infrastruktur zur Umsetzung von Medienbildung in Schule und Unterricht gestaltet sein? Dieser Frage gingen etwa 150 Interessierte im Rahmen einer Tagung an der Universität Würzburg nach.
Wenn es um die Digitalisierung von Schulen in Deutschland geht, ist der Bundestag sogar dazu bereit, das Grundgesetz zu ändern und damit den Weg zu öffnen, Milliardensummen aus Bundesmitteln in die Schulen zu stecken. Die entsprechende Entscheidung haben die Abgeordneten des Bundestags jetzt mit großer Mehrheit getroffen.
Großes Interesse am Thema „Digitalisierung“
Das Thema brennt nicht nur Politikern unter den Nägeln. Auch Vertreter aus Wissenschaft, Behörden und Schulen sind daran interessiert. Dies zeigte nicht zuletzt das große Interesse an einer Tagung zur digitalen Infrastruktur an Schulen, die Ende November an der Julius-Maximilians-Universität (JMU) stattgefunden hat. Mehr als 150 Teilnehmer – Lehrpersonen, Systembetreuerinnen und -betreuer, medienpädagogisch-informationstechnische Beraterinnen und Berater, Sachaufwandsträger sowie weitere Interessierte – waren in das zentrale Hörsaal- und Seminargebäude der JMU gekommen, um sich über neueste Forschungsergebnisse und aktuelle Trends zu informieren.
Dass digitale Medien in Schulen noch immer nicht hinreichend integriert sind, hat nach den Worten von Silke Grafe eindeutige Gründe: Verantwortlich dafür seien die fehlende medienpädagogische Expertise, eine zeitliche und fachliche Überforderung und die fehlende medienpädagogische Infrastruktur in Schulen, sagte die Professorin und Inhaberin des Lehrstuhls für Schulpädagogik an der JMU.
Freie Lernorte an Schulen – Lernen anders denken
In ihrem Impulsvortrag arbeitete Grafe heraus, dass ein sachgerechtes, selbstbestimmtes, kreatives und sozialverantwortliches Handeln in einer durch Digitalisierung und Mediatisierung geprägten Welt als ein bedeutsames Ziel für Schule und Unterricht avisiert werden müsse. Eine wichtige Rolle spiele dabei auch die räumliche Gestaltung. „Angesichts der rasanten Entwicklung von Technologien sind Mobilität und Flexibilität bedeutsame Gestaltungskriterien für die Einrichtung von Räumlichkeiten in der Schule“, sagte die Professorin.
Was das konkret bedeutet? In sogenannten „Freien Lernorten“ bieten sich nach Grafes Worten Möglichkeiten, Lernen anders zu denken und die gesamte Schule als Lernraum einzubeziehen. Das müssen nicht unbedingt speziell eingerichtete Klassenzimmer und Fachräume sein. Dafür eignen könnten sich auch Schulbibliotheken, Multifunktionsräume oder Flurnischen, wenn sie dementsprechend ausgestattet sind. Zwei Aspekte gelte es allerdings laut Grafe für eine erfolgreiche Umsetzung zu beachten: „Die dortige digitale Infrastruktur muss einfach und ohne Hürden für alle Nutzenden gestaltet sein und eine Verknüpfung von schulischer und häuslicher Nutzung digitaler Medien ermöglichen“, so die Schulpädagogin in ihrem Vortrag.
Bildungsziele stehen im Vordergrund
Monika Zeyer-Müller, Ministerialbeauftragte für die Gymnasien in Unterfranken, wies in ihrem Grußwort darauf hin, dass bei der Einrichtung von Schulen mit Medien zunächst überlegt werden müsse, welche Bildungsziele bei deren Nutzung im Vordergrund stehen.
In verschiedenen Infoshops informierten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung über digitale Medien in Schule und Unterricht und die hierfür erforderliche Infrastruktur. Das Portfolio an Angeboten umfasste Themen wie Unterrichtspraxis mit mobilen Endgeräten und drahtlosem Beamerzugang, Unterstützungswerkzeuge für digitale Produktivität und Effizienz im Arbeitsalltag oder Visualisierungssysteme im Vergleich.
Ein flexibles Klassenzimmer
Wie solch ein „freier Lernort“ konkret aussehen kann, demonstrierten Silke Grafe und Anne Thees, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Schulpädagogik, am Beispiel des Media Education and Educational Technology Lab – kurz MEET@JMU. Dieses Lehr- und Forschungslabor hat Grafe in den vergangenen Jahren in einem Gebäude der Uni am Campus Hubland Nord aufgebaut. Dort erforscht sie mit ihrem Team unter anderem, wie eine flexible Infrastruktur das Lernen mit digitalen Medien fördern kann.
„Flexible Infrastruktur“ bedeutet in diesem Fall beispielsweise interaktive Flatpanels und mobile Endgeräte in Kombination mit versetzbaren Steckdosen und LAN-Anbindungen sowie ein flexibles Mobiliar. Damit lassen sich schnell und unkompliziert unterschiedliche Lehr-Lern-Szenarien umsetzen, wie Grafe und Thees den interessierten Tagungsteilnehmerinnen und - teilnehmern eindrucksvoll demonstrierten.
Wissenschaft, Verwaltung und Praxis müssen kooperieren
Oberstudienrat Dr. Roland Baumann, Koordinator für digitale Bildung an der Dienststelle der Ministerialbeauftragten für Gymnasien in Unterfranken und Initiator der Veranstaltung, informierte über Förderprogramme des Freistaates Bayern im Rahmen des Masterplans BAYERN DIGITAL II. Das Angebot wurde durch Vertreter verschiedener Firmen, die ihre Produkte im Foyer des Z6 ausstellten und für Beratungen zur Verfügung standen, abgerundet.
Silke Grafes Fazit am Ende der Veranstaltung: „Die Tagung zeigte beispielhaft, dass für die Gestaltung von Schule und Unterricht in einer durch Mediatisierung und Digitalisierung geprägten Welt im systemischen Sinne verschiedene Handlungsfelder bearbeitet werden müssen. Hierfür sind intensive Kooperationen zwischen Wissenschaft und Schulpraxis sowie Bildungsadministration erforderlich“.
Organisiert hatten die Tagung die Dienststelle der Ministerialbeauftragten für die Gymnasien in Unterfranken und die regionale Lehrerfortbildung für die Gymnasien in Unterfranken (RLFB) in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Schulpädagogik an der JMU.
Kontakt
Prof. Dr. Silke Grafe, T: +49 (0)931 31-81535, E-Mail: silke.grafe@uni-wuerzburg.de
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